"Einmal eine Medaille war das große Ziel. Dass es jetzt schon in Erfüllung geht, ist großartig", sagte Pilhatsch nach ihrem Coup. Schon 2015 in Baku hatte sie sich 15-jährig bei den gleichzeitig als Junioren-Europameisterschaften ausgetragenen Europaspielen Gold und Silber geholt. Nun als noch nicht 20-Jährige nur 11/100 von einem WM-Titel entfernt zu sein, damit hat auch sie selbst nicht gerechnet.
"Das hatte ich nicht so erwartet", sagte die Grazerin am Tag danach zur APA. "Ich hatte vielleicht auf eine Zeit von 26,1 gehofft. Aber Dirk hat mir das Vertrauen gegeben." Dirk Lange fungiert seit 2012 als steirischer Landesverbandstrainer. Der deutsche Star-Coach war auch schon Cheftrainer seines Heimatlandes und hat mit etlichen Athleten zahlreiche Medaillen geholt. Sein vielleicht prominentester Schützling ist Cameron van der Burgh, Doppel-Weltmeister von Hangzhou.
Der 30-Jährige beendete am Sonntag mit dem Titelgewinn über 50 m Brust seine Karriere, Pilhatschs Laufbahn steht hingegen erst ziemlich am Anfang. Sie beließ ihren Trainingsstützpunkt in der Grazer "Auster", auch wenn vor Samstag die großen Erfolge der dortigen rot-weiß-roten Lange-Schützlinge noch ausgeblieben waren. "Es ist der richtige Weg gewesen", untermauerte die Sprintspezialistin. "Wir haben auch viele ausländische Trainingsgäste, von denen ich im Training profitiere."
Und Pilhatsch möchte das noch in viele Spitzen-Ergebnisse umsetzen, hat noch viel vor. "Da sind schon noch ein paar Ziele, die ich gerne erledigen würde. Langfristig ist Olympia das Ziel mit den 100 Rücken." Denn der Rückensprint ist nicht olympisch. Der 100er ist zwar "nur" die doppelte Distanz, aber für eine Sprinterin oft eine andere Schwimm-Welt. Dennoch war Pilhatsch schon nahe an der Qualifikation für die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro gewesen.
Ihre im April 2016 erreichte FINA-"Selection-Time" von 1:01,29 Min. hat dann nicht ganz für eine Nominierung gereicht - auch hat sie sich kurz vor der Nominierung der "Nachrücker" durch den Weltverband (FINA) den Mittelfußknochen gebrochen -, doch diese Marke steht mehr als zweieinhalb Jahre später noch immer als österreichischer Rekord. Im August bei der Glasgow-EM ist Pilhatsch auf 1:01,73 gekommen, das FINA-A-Limit für die Gwangju-WM im Juli lautet 1:00,59.
Doch seit dem Sommer hat sich Pilhatsch sehr gesteigert, ihren 50-m-Rekord auf der Kurzbahn drückte sie innerhalb von 36 Stunden um 73/100. Das sollte sich auch auf der Langbahn bemerkbar machen. Ein Erfolgsbaustein ist die Arbeit im Potsdamer Strömungskanal unmittelbar vor den China-Titelkämpfen, da wurde an der Schnelligkeit gearbeitet. Ihre Weihnachtspause beginnt aber erst am Heiligen Abend, denn am kommenden Wochenende (22./23. Dezember) tritt sie noch in Sankt Petersburg an.
Ab sofort gilt Pilhatsch - ihr Pendant bei den Herren ist Felix Auböck - mit ihrer Medaille als Leaderin der sehr jungen OSV-Damen im Nationalteam. Immerhin haben aus der OSV-Riege sonst nur Mirna und Dinko Jukic, Fabienne Nadarajah, Maxim Podoprigora und Markus Rogan WM-Medaillen geholt. "Das ist mir auf jeden Fall eine Ehre. Aber das Leben geht ganz normal weiter. Vielleicht kann ich auch andere Leute damit begeistern und es gibt wieder mehr Fokus auf den Schwimmsport."
Das sagt eine junge Dame, deren fernere Vergangenheit in der Rhythmischen Gymnastik liegt. Bis zu einem Alter von zwölf Jahren war sie da wie ihre Schwestern Sabrina, Victoria und Isabella engagiert, und das aus gutem Grund. Denn Mutter Birgit war da einst eine Größe, 1984 bei der Wien-EM mit der rot-weiß-roten Gruppe Fünfte. Tochter Caroline hatte mit ihrer Körpergröße - nun 1,79 m - aber kein Gardemaß für eine Gymnastin, sehr wohl aber für eine Schwimmerin.
Also folgte die zweit-jüngste zweier Kinder der Familie Pilhatsch ihrem Vater Alexander - Olympia-Teilnehmer 1984 und 1988 - sowie ihren Brüdern Daniel und Stefan in das Becken. "So ein halbes Jahr habe ich beides parallel betrieben, Gymnastik und Schwimmen", erinnerte sie sich zurück. In diesem Herbst kehrte sie zumindest über den Club zu den Turnern zurück, vom USC Graz zum Allgemeinen Turnverein (AT) Graz - freilich mit einer Schwimmsparte ausgestattet.
Und da gab es auch einst Arnulf Pilhatsch, ein im Jahr 2000 verstorbener Olympia-Teilnehmer von 1948 im Hochsprung. Nach seiner Karriere wurde er zu einem der besten österreichischen Rallye-Fahrer seiner Zeit. Arnulf Pilhatsch war Carolina Pilhatschs Großvater. Mit so viel großer sportlicher Erfahrung und Olympia-Vergangenheit in der Familie muss es doch fast für die "Silberne" von Hangzhou zur von ihr angestrebten Teilnahme 2020 in Tokio reichen - womöglich für mehr als nur die Teilnahme.