Thiems Traum vom ersten Heim-Turniersieg ist damit vorerst geplatzt. Auch sein erstes Wien-Halbfinale überhaupt bzw. das erste eines Lokalmatadors seit Jürgen Melzer (2010) wurde nicht Realität.
Der French-Open-Finalist wurde vom Japaner auf dem falschen Fuß erwischt und geriet innerhalb von nur 20 Minuten mit 0:5 in Rückstand. Obwohl sich der Lichtenwörther, angespornt von 9.200 Fans auf seiner Seite, auf 3:5 herankämpfte und bei 0:40, Aufschlag Nishikori, drei Breakbälle zum 4:5 hatte, blieb die Aufholjagd unbelohnt.
Die Analyse des topgesetzten Dominic Thiem nach seiner Viertelfinal-Niederlage in Wien gegen Kei Nishikori war letztlich simpel: Kurz zusammengefasst, habe sowohl sein Aufschlag als auch sein Return nicht gut genug funktioniert und Nishikori sei ein Spielertyp, der ihm ähnlich wie auch David Goffin nicht besonders gut liegt. Thiem wollte die Niederlage deshalb auch schnell abhaken.
"Er hat einfach das ganze Match über richtig stark gespielt. Bei mir haben ein paar Sachen nicht so gut funktioniert, die halt extrem wichtig für mein Spiel sind", erklärte Thiem und ging gleich ins Detail: "Ich habe 26 Prozent der Punkte mit dem zweiten Aufschlag gewonnen, das ist natürlich inferior für meine Verhältnisse. Dann ist der erste zu wenig gekommen und er hat mit seinem zweiten Aufschlag ja sogar mehr Punkte gewonnen als mit dem ersten, also hat auch der Return nicht gut funktioniert."
Nishikori ist ein Spielertyp, der ihm "extrem wehtun" könne. Warum? "Weil er alles sehr früh nimmt, ich mir schwertue, mein Spiel aufzuziehen und einige Waffen ein bisserl entschärft werden." Und wenn dann Aufschlag und Return auch nicht so funktionieren, "dann kriege ich so eine Watsche wie heute".
Der immer wieder angesprochene besondere Druck, zu Hause vor ausverkaufter Halle Leistung bringen zu müssen ist, aber nicht schuld gewesen, versicherte Thiem. "Nishikori hätte in einer anderen Stadt genauso stark gespielt." Was ihm leidtut, sind die Fans. "Es ist bitter für mich, wenn ich so eine Klatsche kriege und alle Leute wollen mich siegen sehen. Das merke ich natürlich in mir auch, dass die Leute nicht wissen, was los ist und ein bisserl unzufrieden sind." Doch dieses Gefühl wirke sich nicht auf sein Spiel aus.
In Sachen Race to London sieht Thiem seine Situation nicht verkrampft. "Anderson ist sowieso vor mir, auf den habe ich nicht so geschaut. Es kommt drauf an, ob Del Potro spielt. Wenn der nicht spielt, schaut es sowieso sehr gut aus, wenn er spielt, dann wird es sehr eng", erklärte Thiem. Del Potro hat als eigentlich qualifizierter Spieler seine Nennung für den Showdown bei den ATP Finals offiziell noch nicht zurückgezogen wie die APA am Freitag von der ATP erfahren hat. Aber er hat sich in Shanghai die rechte Kniescheibe gebrochen, was normalerweise zumindest sechs bis acht Wochen Heilungszeit braucht.
Für Thiem ist Nishikori in der aktuellen Form Favorit auf den Wien-Titel, überholen könnte ihn der Japaner aber erst in Paris-Bercy. "Ich sehe es entspannt, wenn ich mich qualifiziere, dann habe ich es verdient, wenn nicht, dann nicht. Dann war ich nicht gut genug über das ganze Jahr hinweg.
Nishikori trifft im Halbfinale auf den kasachischen Qualifikanten Michail Kukuschkin, der zuvor Marton Fucsovics (HUN) in 3:19 Stunden 4:6,7:6(2),7:6(4) niedergerungen hatte. Nicht nur deshalb ist Nishikori am Samstag Favorit auf sein erstes Wien-Finale, was ihn näher an Thiem heranbringen würde. Thiem bleibt aber unabhängig vom Ausgang des Erste Bank Open im Race auf Platz 8. Zudem liegt vor ihm u.a. auch Juan Martin Del Potro, dessen Saison nach einem Kniescheibenbruch zu Ende ist.