IAAF will mittels Quali-System ihre Produkte stärken

Der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) hat im März für Großereignisse ein neues Qualifikationssystem ausgetüftelt und stellt damit die nationalen Verbände vor eine große Herausforderung. Je nach Disziplin bis zu fünf Leistungen eines Athleten fließen in die maßgebliche Weltrangliste ein, geschicktes Vorgehen bei der Auswahl der Meetings und Veranstaltungen ist für eine erfolgreiche Quali Pflicht.

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Symbolfoto Sportart Leichtathletik

Der Qualifikationszeitraum für die Weltmeisterschaften 2019 in Doha (27. September bis 6. Oktober) läuft in den meisten Disziplinen exakt zwölf Monate. Berücksichtigt werden jeweils fünf Leistungen, Ausnahmen sind 3.000 m Hindernis und 5.000 m (3 Leistungen). 18 Monate Zeit sich zu qualifizieren haben Athleten über 10.000 m (2 Leistungen), Marathon (2), im Gehen (20 km/3, 50 km/2) und im Mehrkampf (2), die Quali läuft da also bereits und die am Montag in Berlin beginnende EM zählt dazu.

Die für die Weltrangliste entscheidenden Leistungs-Punkte setzen sich aus Zeiten, Höhen und Weiten (Result Score) sowie Platzierungen (Placing Score/maximal bis Rang acht) zusammen. "Diese Bonuspunkte (für Platzierungen) gibt es je nach Qualität des Wettkampfes, die Diamond League ist ganz weit oben angesiedelt. Hoch im Kurs sind auch die Staatsmeisterschaften, sie werden einer der wichtigsten Wettkämpfe werden, weil es dort gute Bonuspunkte gibt", erklärte Hannes Gruber, der Sportkoordinator des Österreichischen Verbandes, im Gespräch mit der APA. Bei nationalen Freiluft-Meisterschaften gibt es bis Rang acht gute Zähler.

Über das Gros der WM-Teilnehmer wird also die Weltrangliste mit 6. September 2019 entscheiden. Ein Hintertürl gibt es aber für Athleten mit außergewöhnlichen Leistungen, die es über das Ranking nicht geschafft haben. Die Entry-Standards werden noch heuer festgelegt. Damit will man wohl verhindern, dass im Quali-Zeitraum verletzte Stars der Szene für das Großereignis nicht teilnahmeberechtigt sind. Außerdem gibt es Wild Cards für regierende Freiluft-Weltmeister, die 2019-Gewinner der Diamond League, der Hammerwurf-Challenge, der Geher-Challenge und der Mehrkampf-Challenge.

"Organisatorisch und planungstechnisch wird das alles für die Fachverbände ein enormer Aufwand", weiß Gruber. Nach den Europameisterschaften in Berlin werde man sich mit den Athleten zusammensetzen und für jeden einzelnen "aus taktischen Gründen einen Fahrplan und eine Jahresplanung" machen. Denn es gehe letztlich darum, wo man am ehesten zu guten Bonuspunkten komme. Das Antreten bei stark besetzten Gold-Label-Marathons beispielsweise müsse gut durchdacht werden, denn diese Zusatzpunkte sind dort im Normalfall nicht drinnen.

Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger hat bereits heuer den Ernstfall geprobt und innerhalb von elf Tagen bei fünf Meetings geworfen, mit den Leistungen und Bonuspunkten hätte er die WM-Teilnahme sicher gehabt. "Ich wollte schauen, ob man in kurzer Zeit fünf Wettkämpfe auf hohem Niveau abliefern kann", sagte Weißhaidingers Trainer Gregor Högler. Man werde in Zukunft eine Formkurve so gestalten, dass Weißhaidinger konzentriert abliefern und sich qualifizieren könne, und dann werde neu aufgebaut.

"Was die WM in Doha betrifft, bestimmen wir als Fachverband. Wer die internationale Qualifikation hat, ist dabei. Was Tokio betrifft, müssen wir mit dem Österreichischen Olympischen Komitee sprechen, denn der Quali-Zeitraum für einige Bewerbe beginnt bereits im Jänner 2019 und der Dubai-Marathon wäre schon eine Möglichkeit. Es muss klar sein, was ein Athlet bringen muss. Ob die internationale Qualifikation reicht, oder sie zusätzlich eine bestimmte Einzelleistung haben müssen", erklärte Gruber. Damit meinte er die bisher geltenden Limits und Normen, die über Nominierungen entschieden.

Auch das Qualifikationssystem für Tokio 2020 wurde kürzlich beim IAAF-Council-Meeting in Buenos Aires abgesegnet. Für 10.000 m, Marathon, Gehen, Mehrkampf und Staffeln geht der Qualifikationszeitraum von 1. Jänner 2019 bis 29. Juni 2020, für alle anderen Disziplinen von 1. Juli 2019 bis 29. Juni 2020.

Für die Weltrangliste zählen nur Bewerbe, die der IAAF im Vorfeld gemeldet und akzeptiert wurden. So wird der ÖLV seine mittlerweile etablierte nationale Serie "Austrian Top Meetings" als internationales Event mit "National Permit Status" einreichen. Gruber glaubt, dass die IAAF mit der Einführung des Punktesystems ihre eigenen Wettkämpfe stärker besetzt sehen will und somit "die eigenen Produkte stärken will". Die Spannweite der zählenden Veranstaltungen reicht künftig von den National Permit Meetings bis zu den Olympischen Spielen.

Zudem dürfte einem Trend entgegengewirkt werden. Repräsentiert die Weltrangliste doch einen Durchschnittswert und nicht einen aktuellen Bestwert, der auch ein Einzelfall sein kann. "Eine einmalige außergewöhnlichen Leistung soll nicht mehr so eine hohe Wertigkeit haben. Bei einem dubiosen Meeting einen 70er hinknallen und dann kommt nichts mehr zum Beispiel. Und wenn du das nicht machst, bist du nicht dabei gewesen", sagte Gruber.

So nebenbei seien damit auch die Normen nach oben geschraubt worden. Passiert beispielsweise im Diskuswurf, als auch der Österreicher Weißhaidinger "gezwungen war", nachzuziehen und 2015 in Schwechat-Rannersdorf bei angestrebten und erwarteten idealen Bedingungen von Wind und Wetter den Wurf zur WM in Peking schaffte.

Berlin (APA)



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