Thiem hatte vor allem im dritten Satz eine Achterbahn-Fahrt der Gefühle erlebt. Vor den Augen u.a. seiner Freundin Kiki Mladenovic, die in Paris lebt, stellte Thiem dann aber im Head-to-Head mit dem 21-jährigen Coric doch noch auf 3:1.
"Es war ein unfassbarer Fight von uns beiden. Ich habe eigentlich einen guten Start erwischt, hatte gleich zu Beginn drei Breakbälle, die ich aber nicht nutzen konnte. Von da an war es sehr offen", berichtete ein erleichterter Thiem im Sky-Interview. Coric habe danach ein "unfassbares" Tiebreak gespielt. "Da habe ich mir nicht viel vorwerfen können. Der zweite Satz war enger, als es das Ergebnis aussagt und der dritte Satz war ein bisserl eine Achterbahnfahrt. Zum Glück habe ich es nach 0:30 noch ausserviert."
Im insgesamt vierten Duell mit Titelverteidiger Sock ist Thiem nun Favorit. Sock hat nach einer schwachen Saison überraschend das Viertelfinale erreicht, allerdings hatte er ja im Achtelfinale nicht wie geplant gegen Rafael Nadal spielen müssen. Thiem führt gegen Sock mit 2:1-Siegen (alle auf Hardcourt). Das bisher letzte Match hatte vor zwei Jahren just in Paris-Bercy stattgefunden und war an Sock gegangen.
"Überall anders wäre er ein ganz gutes Los gewesen, hier nicht", weiß Thiem über die Stärken Socks gerade in Bercy. "Ich werde versuchen, ihn über die Rückhand zu attackieren", verriet Thiem auch schon die Taktik. Jedenfalls ist Thiem, der im Westen der Stadt in Roland Garros nach zwei Semifinali im vergangenen Juni erstmals ein Grand-Slam-Endspiel erreicht hatte, erstmals auch in Bercy in die entscheidende Turnierphase vorgedrungen.
Viel hätte nicht gefehlt und er wäre neuerlich vorzeitig gescheitert. Thiem begann stark, machte die ersten sechs Punkte und hatte in den ersten beiden Aufschlag-Games von Coric auch insgesamt drei Breakbälle. Diese blieben aber ungenutzt. In der Folge ging es ohne Serviceverlust nach 50 Minuten ins Tiebreak. Doch in diesem hatte Coric seine bis dahin beste Phase und dank sehr aggressivem Spiel holte er sich nach 58 Minuten eine 6:2-Führung, Satzball Nummer zwei verwertete der Weltranglisten-13. aus Zagreb.
Thiem schaltete dann nach einem 0:1-Rückstand im zweiten Satz einen Gang höher: mit acht Punkten in Folge und vor allem einem sehr starken Game als Rückschlager schaffte der French-Open-Finalist das Break des Spiels zur 2:1-Führung. Thiem behielt Oberwasser und schaffte zum 5:2 auch ein weiteres Break. Nach 93 Minuten hatte Thiem den Satzausgleich in der Tasche.
Im völlig verrückt verlaufenen dritten Durchgang sah es zunächst nicht gut aus für Thiem, der nach einem Serviceverlust 1:3 in Rückstand geriet. Doch Thiem fing sich, schaffte das sofortige Rebreak und nahm dem zusehends entnervt wirkenden 21-jährigen Kroaten erneut den Aufschlag zum 4:3 ab. Doch die Weichen zum Sieg waren nicht gestellt, denn Thiem musste selbst seinen Aufschlag gleich wieder abgeben und Coric gelang die Führung zum 5:4. Thiem drehte das Match neuerlich, schaffte das Break zum 6:5. Bei eigenem Service 0:30 retour, vermied Thiem aber den neuerlichen Gang ins Tiebreak und stellte auf 7:5.
Das Match gegen Sock werde sehr schwierig werden, weil sich dieser in Paris außerordentlich wohlfühle und es immer speziell sei, gegen einen Titelverteidiger zu spielen, so Thiem. "Es macht immer Spaß gegen ihn. Er ist ein attraktiver Spieler zum Anschauen, wir haben auch schon eine Zeit lang nicht gegeneinander gespielt. Ich freue mich drauf."
Die Unterstützung des Publikums freute Thiem ebenfalls. "Ich glaube, die Leute mögen mich hier, was natürlich mit Roland Garros zu tun hat, weil ich da immer gut spiele. Und es hat natürlich auch private Gründe, denke ich, das ist auch sicher", meinte er lachend. Seine in Paris lebende Freundin Kiki Mladenovic war in der Halle anwesend. "Es war unglaublich, es war dritte Runde und die Halle war fast voll. Das hat extrem Spaß gemacht", sagte der Niederösterreicher.
Auf seinen fixen Startplatz bei den ATP Finals muss Thiem allerdings weiter warten. Der Japaner Kei Nishikori setzte sich am Donnerstagabend in Paris im Achtelfinale mit 6:4,6:4 gegen den Südafrikaner Kevin Anderson durch und revanchierte sich damit für die am vergangenen Sonntag bezogene Finalniederlage in Wien.
Nur bei einer Niederlage von Nishikori wäre Thiem am Donnerstag bereits fix für sein drittes ATP-Finale qualifiziert gewesen. Sollte Juan Martin Del Potro das seit Tagen in sozialen Netzwerken kursierende Gerücht über eine endgültige Absage für London bestätigen, dann hätten es Thiem und Nishikori nach England geschafft.