APA: Herr Auböck, wie haben Sie die Enttäuschung über 400 m Kraul verkraftet?
Felix Auböck: "Wenn man anschlägt und sieht, um 6/100 zu wenig für das, was man wollte, ist die Enttäuschung zunächst natürlich groß. Es war einfach 400 m Kämpfen, nicht 400 m Schwimmen. Und zuerst ist die Enttäuschung, dass man so knapp die Medaille verpasst hat. Aber wenn man darüber nachdenkt, dass die Zeit auch nicht so gut war... Wenn man bei einem Großereignis schwimmt, möchte man eine Medaille schaffen. Und wenn man dann das zweite Mal so knapp dran ist, gehen die Emotionen auch los. Das hat dann drei oder vier Stunden gebraucht, bis sich das wieder gelegt hat. Es dauert. Es ist nicht etwas, was man in fünf bis zehn Minuten abhakt. Es sind Prozesse, die man durchläuft und denkt, 'Was hätte ich anders machen können.' Aber am nächsten Morgen bin ich aufgewacht und habe gedacht, 'Jetzt geht es wieder los'."
APA: War es im Finale auch eine Kopfsache, haben Sie dem Druck standgehalten?
Auböck: "Ich denke, das Mentale hat keine Rolle gespielt. Es war einfach das Körperliche. Ich bin da nicht cool hineingegangen, ich war nervös. Aber ich denke, ich habe das unter Kontrolle gehabt, was ich kontrollieren habe können."
APA: Was hat ihr Trainer Joshua White über ihre Leistung gesagt?
Auböck: "Wir haben es noch nicht analysiert, das machen wir ganz am Ende. Er möchte nicht, dass ich mir Sorgen mache, was ich falsch gemacht habe und mit einer negativen Einstellung in die nächsten Rennen gehe. Er hat einfach nach dem Rennen gesagt, 'Okay, Felix. Abhaken, ausschwimmen, und am Montag geht es weiter mit den 200.' Nach dem Wettkampf werden wir uns zusammensetzen und austauschen, was wir anders machen können. Dann gehen wir in die Sommerferien, dann komme ich zurück und dann wird ein Plan da sein, wie wir das nächste Jahr gestalten werden."
APA: Hat Ihnen ihr Coach zur Absage für die 1.500 m Kraul (Samstag, Anm.) geraten?
Auböck: "Er hat gesagt, es bleibt mir überlassen. Aber ich denke, dass wir diese 200/800er-Combo - nachdem die 800 jetzt auch olympisch sind und wahrscheinlich auch bei Olympia so zusammen liegen werden - ausprobieren. Nächstes Jahr bei der WM ist auch die 200/800-Kombination. Wir machen das lieber als die 1.500. Wenn ich die 1.500 m geschwommen wäre, hätte ich mir nichts Gutes getan - körperlich und mental."
APA: Wie sieht eigentlich die Trainerstruktur bei Ihnen an der University of Michigan genau aus?
Auböck: "Wir haben für die Männer drei Trainer - Mike Bottom, Joshua White und Sam Wensman. Und wir haben immer einen Volunteer-Assistant-Coach. Das ist meist einer, der gerade mit dem College fertig geworden ist. Mike leitet alles. Aber wenn es um das Sportliche geht und die Trainingsplanung, macht das alles Joshua, er ist praktisch Mikes Assistent."
APA: Betreut Joshua White bei der EM auch andere Michigan-Schwimmer?
Auböck: "Wir haben keinen anderen Schwimmer hier. Es ist aber auch in ihrem Interesse, dass jemand dabei ist, um zu sehen, was entwickelt sich, was gibt es Neues, was kann man lernen."
APA: Für Sie ist das wohl ein Riesenvorteil, einen Trainer für sich alleine mitzuhaben.
Auböck: "Ja, nach dem Vorlauf oder dem Finale wäre die Verarbeitung nicht so einfach gewesen, wenn ich ohne Trainer hier gestanden wäre. Also, wer tröstet mich. So ist aber jemand mit dir, der praktisch mit dir im selben Boot sitzt. Auch wenn ich derjenige bin, der die Leistung nicht abgerufen hat, ist er derjenige, der für die Leistung mitverantwortlich ist."
APA: Sie haben nach dem Finale gesagt, Sie hätten zu hart trainiert. Sie folgen ja aber einem Trainingsplan. Haben demnach ihre Trainer Fehler in der Trainingsgestaltung gemacht?
Auböck: "Ich denke, das ist ein Fehler, der von beiden Seiten begangen wird. Ich mache nicht mehr, als auf dem Plan draufsteht. Aber wir haben in dieser Saison das Luxusproblem gehabt, dass wir drei Schwimmer in der Trainingsgruppe mit einer Bestzeit um 15:01 (1.500-m-Zeit, Anm.) hatten. Da pusht du dich gegenseitig. Wenn es ein Training ist, das nicht so hart sein sollte, schwimmst du trotzdem hart, weil du der Schnellste sein willst. Das heißt, das ganze Training, das der Trainer aufschreibt, verschiebt sich immer, die Belastungszonen, weil das im Training dann immer ein Rennen ist. Das sind dann alles so Sachen, die man dann erst im April, Mai so merkt. Das ist ein schleichender Vorgang, und dann, wenn du es merkst, ist es schon zu spät."
APA: Hätte man also nicht mehr gegensteuern können?
Auböck: "Du machst einfach weiter. Man macht weiter und hofft. Und über 400 m nur 6/100 schneller, und ich wäre glücklich gewesen. Ich hätte mir gedacht, ja, da müssen wir vielleicht etwas ändern, aber passt, ich habe die Medaille. Aber vielleicht ist es auch gut so. Jetzt habe ich noch einen größeren Hunger. Ich möchte diese Medaille schaffen, ich möchte noch besser werden - mit Ernährung, mit Regeneration, all diese Sachen. Ich möchte jetzt noch mehr Wert darauflegen, ich will wieder da zurück, ich möchte wieder schnellerwerden, damit ich dann da vorne dabei bin. Bei der Ernährung waren keine Fehler, ich ernähre mich gesund. Aber ich denke, man kann immer besser werden. Es gibt immer bessere Mittel. Ich rede nicht von Nahrungsergänzungsmittel, aber noch gesünder."
APA: Unter welchem Aspekt bestreiten sie die 200 m Kraul (Montag, Anm.). Schon mit Blick auf 800 m Kraul (Dienstag)?
Auböck: "Mit dem 400er ist jetzt auch sehr viel Druck weg. Denn es gibt jetzt keine Medaillenerwartung mehr, die ich mir auch selbst gestellt habe. Jetzt heißt es, dass ich diese zwei Rennen gut abschließe. Auf 200, denke ich, kann ich etwas stärker sein, da ich etwas Kraft und Gewicht zugelegt habe. Ich hoffe, dass ich ins Halbfinale kommen und da eine (persönliche, Anm.) Bestzeit schwimmen kann. Die 800 könnten dann wieder etwas in die andere Richtung gehen, so etwa wie die 400. Dass sie sehr mühsam und anstrengend werden. Weil 800 ist oft schlimmer als 400, weil du es etwas langsamer angehst, aber das Tempo halten musst."
APA: Wenn Sie in Glasgow keine Medaille schaffen: Sie bei der WM 2019 zu holen, wird sicher hart. Da müssen Sie vielleicht bis zur EM 2020 warten. Das erfordert Geduld.
Auböck: "Es ist ein Prozess, Schritt für Schritt. Jetzt ist es wieder ein Schritt zurück. Ich denke, es gibt genau ein Rennen, wo ich sage, da muss ich performen. Das ist 2020 die 400 Kraul im Vorlauf. Ich möchte unbedingt in ein olympisches Finale, das ist mein Traum. Bis jetzt ist es nur der Weg dorthin. Aber wenn ich das schaffe, dann sage ich 'Ziel erfüllt'."
APA: Wie sieht es mit Ihrer Teilnahme an der heurigen Kurzbahn-WM in China aus?
Auböck: "Im Moment bin ich bei eher nein. Es geht bis Dezember, März wirklich das Studium vor. Ich weiß, dass ich nach 2020, 2022 eine Ausbildung daneben machen muss. Denn nur mit Schwimmen wird es nichts. Ich kann es mir nicht leisten, ein Semester auszulassen für einen Kurzbahn-Wettkampf."
APA: Wann werden Sie wieder zum Studium in die USA zurückfliegen?
Auböck: "Ich fliege am 22. August. Davor fliegen wir nach Italien nach Tropea für eine Woche."
Glasgow (APA)